Auf so einem Gipfel kann es ziemlich öde sein. Da ist es gut, wenn die Obamas etwas Glamour mitbringen. Schade nur, daß es zu mehr nicht gereicht hat. Die Forderung nach mehr direkter Finanzhilfe ließ man abblitzen und setzte stattdessen eine stärkere Regulierung durch.
Die Notenbanken
Es war prinzipiell auch eine schräge Angelgenheit. Da hat die EZB als erste Notenbank 2007 auf die Krise mit breiten Maßnahmen (unbegrenzter Tender) reagiert, damals noch heftig kritisiert, scheint sich diese Maßnahme als effektiv bestätigt zu haben. Hingegen der Schockmaßnahmen mit mehreren hundert Milliarden Dollar in wenigen Tagen, die zu stark volatilen Kursen geführt haben, von deren Erschütterungen sich der Dollar auch nachhaltig nicht so schnell erholen wird, ist der Euro zu allen anderen Währungen relativ stabil geblieben - und das obwohl die EZB ihre Bilanz im Verhältnis zum Eurozonen-BIP schon stärker ausgeweitet hat als die Fed. Daher müßte wohl die USA bei der Forderung nach noch mehr Finanzhilfen durch die Notenbank zunächst einmal in Vorleistung gehen. Ähnliches gilt auch für die Bank of England. Es ist auch bezeichnend, daß die Briten und Amerikaner ihre eigenen Bonds kaum noch absetzen können. Das wirft dann die Frage auf, wie sie denn ihre Programme weiterhin finanzieren wollen und isoliert die starken Eurovolkswirtschaften in der Position überhaupt noch kreditfinanzierte Programme aufstocken zu können.
Generell scheint ja auch das Prinzip "Beg your neighbour" zu gelten. Auf den ersten Blick ist es auch eine gute Idee: man senkt den Wechselkurs der eigenen Währung durch eine inflationäre Politik ab, dadurch werden die eigenen Produkte auf dem Weltmarkt billiger und die Importe teurer, so daß auch die Binnennachfrage sich eher auf einheimische Produkte richtet. Man nennt das auch: Protektionismus. Daher kommt wohl der amerikanische Spruch: Unsere Währung, euer Problem. Kleiner Haken: wenn man selber vom Import abhängig ist (wie beispielsweise Großbritannien oder die USA), erhöht das auf die Dauer die Inflation und trifft vor allem kleinere Einkommen, die den Effekt natürlich besonders deutlich wahrnehmen. Schließlich steigen ja die Importpreise, beispielsweise für Energie, Elektronik oder Kleidung.
Die Hilfe
Interessanterweise wurden aber dann doch Hilfen beschlossen. Aber nicht die von den Anglophonen geforderten direkten Staatshilfen, sondern Geld für den IWF. Der soll dann notleidenden Volkswirtschaften unter die Arme greifen. Dafür kriegt er Mittel, die er direkt verteilen darf und auch deutlich größere Reserven, um Garantien auszusprechen.
Die Regulierung
Ja, die Regeln. Die britische Regierung, allen voran der näselnde, einäugige Premierminister (noch unpopulärer als Chamberlain) forderte ja die Regeln nicht weiter zu verschärfen. Pikanterweise kamen die "toxischen" Zertifikate vor allem aus London. Aus dem London, in dem die Bonuszahlungen weiter kräftig fließen. Gordon, der Charlie Brown der Politik, setzte zwar eine Kommission ein, die die Angemessenheit der Boni prüfen soll, diese wird aber von einem Ex-Banker geleitet, der selbst berüchtigt für seine Boni und Boni-Parties ist. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen, dann wenn die meisten Boni sowieso schon ausbezahlt sind. Gordon, der weitsichtige unter den Einäugigen, meint ja, strengere Regeln könnten den Bankensektor in der Entwicklung (weiter abstruser Finanzprodukte) hemmen. Da spricht einer, der Lloyds TSB, eine langweilige, stabile Bank im Privatkundengeschäft, mit HBOS, einer gestrauchelten Investmentbank, zwangsverschmolzen und nun eine große Bank in Schwierigkeiten geschaffen hat - und letztlich die Risiken wieder auf die kleinen Einkommen mit dem Girokonto und dem Sparbuch abgewälzt hat. Jedenfalls wurden hingegen geballten angelsächsichen Sachverstand neue Regeln für den Finanzmarkt aufgestellt. Jeder soll kontrolliert werden oder zumindest eine Aufsichtsbehörde bekommen. Insbesondere lagen den "knauserigen Deutschen" die Hedgefonds auf dem Herzen. Zuletzt hatten solche Heuschrecken sich an Märklin, Rosenthal und Hugo Boss vergangen. Alle drei Firmen sind mittlerweile insolvent. Als Vehikel dienten bei Märklin hohe Beraterhonorare, bei Rosenthal und Boss erzwungene Dividendenausschüttung zu Gunsten des Hedges.
Im übrigen könnte man auf die Idee kommen, daß der Handel mit Zertifikaten auf (Zertifikate auf)^n Versicherungen (von Versicherungen)^n irgendwann mal etwas virtuell wird. Schließlich kommt man zu dem Punkt, an dem man sich nur noch auf die Ratings der Agenturen verläßt, denn schließlich ist der Weg durchs Dickicht der Shorts und Longs auf die Swapgeschäfte mit den Versicherungen kaum mehr nachvollziehbar - die Händel kann man ja nochmal versichern und zertifzieren und dann wieder weiterkaufen. Mit anderen Worten, da wird munter auf die Zahlungs(un)fähigkeit von Privatpersonen und Unternehmen gewettet, ohne zu wissen, wer oder was da eigentlich dahinter steht. Prinzipiell ist die Sache nur soviel Wert, wie jemand anderes glaubt, dafür noch zahlen zu wollen (die sogenannte und kritisierte Fair value-Bilanzierung). Wenn man jetzt mit einem gewissen Hebel größer 10 daher kommt (also bei 10 investierten Euro ist einer Eigenkapital, der Rest ist geliehen, wobei die vermuteten Gewinne die Zinsen übersteigen sollten, das verbliebene, nichtinvenstierte Eigenkapital dient als Sicherheit für den Kredit), kann man auch tüchtig daneben liegen - und das tut dann auch mal weh. Schließlich muß man bei den Wetten auf Versicherungen nicht nur den Kredit vom Hebel zahlen, sondern auch die Versicherungssumme, also den Gegenwert der Versicherung ("hohes Risiko" wie das so schön heißt). Sowas könnte man ruhig gleich verbieten, aber eine Welt ohne CDS (Credit Default Swaps)?
Die Bad Bank
Die Bad Bank. Das ist keine Spalandschaft. Das spricht man Beht Behnk. Und genau darüber breitet die englischsprachige Finanzwelt ihre Häme aus. Die Deutschen hätten nichtmal ein Wort für eine Bad Bank. Der bislang vorgebrachte Vorschlag: Bank für angelsächsischen Kredit. Das reflektiert das Problem - und überhaupt, ob man sich schämen muß keine Vehikel für das große Scherbensammeln nach dem Zocken zu haben, weil sowas noch nicht vorkam?
Die Knauser
Da hatte wohl der japanische Premierminister etwas anderes sagen wollen, als das, was dann am Ende zitiert wurde. Es klang so, als ob die deutsche Bundesregierung mehr Geld investieren sollte. Aber halt: Deutschland hat bereits das größte Konjunkturprogramm in der EU - und das obwohl sich die deutsche Wirtschaft gegen Ende des Jahre stabiliseren soll, wie übrigens die gesamte Eurozone. Nächstes Jahr erwartet man ein kleines, aber stabiles Wachstum in der Eurozone. Eigentlich kein Grund mehr Steuergelder in Konjunkturprogramme zu werfen? Na ja, siehe oben, die Anglophonen sind nahe der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.
Neben der Währungsstabilität, was vor allem die Kaufkraft der kleinen Einkommen absichert, hat die Politik der EZB noch ganz andere Nebeneffekte. Beispielsweise haben die Länder in der Peripherie der Eurozone meist Hyptheken mit variablen Zins. Die Senkung des Leitzins wird spätestens ab Mitte des Jahres Haushalte entlasten und damit wie ein kleines Konjunkturprogramm für Eigenheimbesitzer wirken (vermutlich Familien - als ob sich die EZB nun dafür kritisieren lassen müßte!). Andererseits hat die vorsichtige Politik zu einem Erhalt der Kaufkraft zumindest beigetragen, dann können sich die Leute tatsächlich auch was davon kaufen und damit die Wirtschaft wieder auf Kurs bringen.
Die Leitwährung
Lange und oft wurde es angesprochen und diskutiert. Die Leitährung. Der Dollar. Hingegen der ersten Vermutungen hat China nicht den Renminbi vorgeschlagen, sondern eine virtuelle Währung, die beim IWF bzw. den Überwachungsgremium angesiedelt sein soll. Damit würden dann auch "Beg you neighbour"-Aktionen schwerer fallen. Das ist mal eine Idee, aber mal sehen, wann und ob sie sich durchsetzt und umgesetzt wird.
Siehe auch: ECB Council of the Governors (April meeting), G20 Beschlüsse
(leider gibt es wohl kein Video vom 2. April Schmidt und d'Estaing in Frankfurt?)
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